Wann der Straftatbestand der Nötigung erfüllt ist
Aggressives Verhalten im Straßenverkehr ist keine Seltenheit. Wer dabei besonders rücksichtslos vorgeht, riskiert eine Anzeige wegen Nötigung. Darunter versteht man unter anderem permanentes Drängeln, Ausbremsen oder Betätigen der Lichthupe. Legt der Autofahrer ein solches Verhalten an den Tag, kann das sowohl für andere Verkehrsteilnehmer als auch ihn selbst ein böses Ende nehmen.

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Den Vordermann in Stress versetzen
Laut § 240 des Strafgesetzbuches (StGB) ist der Straftatbestand der Nötigung erfüllt, wenn man „einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt.“
Exemplarisch für den Straßenverkehr würde das bedeuten, dass ein Autofahrer ohne Unterlass dicht auffährt und somit den vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer unter Druck setzt, bis dieser im schlimmsten Fall die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert und verunfallt.
Plötzlich ausgebremst!
Doch nicht nur Drängler müssen damit rechnen, wegen einer Nötigung belangt zu werden. Wer unerwartet auf die Bremse tritt und dadurch den Hintermann in die Bredouille bringt oder ihn beim Überholvorgang behindert, macht sich ebenfalls gemäß § 240 StGB strafbar.
Gleiches gilt für das vorsätzliche Schneiden eines anderen Fahrzeugs und die Androhung von Gewalt in Form von Drohgebärden oder verbalen Entgleisungen. Auch das Zufahren auf ein anderes Fahrzeug, um so etwa den Zugang zu einer Parklücke zu erzwingen, wird als Nötigung verstanden.
Kein Pardon bei Nötigung
Infolge eines Geschwindigkeitsverstoßes, eines riskanten Überholmanövers oder des Fahrens über eine rote Ampel, handelt man sich schnell ein Bußgeld ein. Auch Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot können die Folge sein.
Da die Nötigung jedoch nicht mehr als Ordnungswidrigkeit durchgeht, wird bei deren Ahndung nicht der Bußgeldkatalog der Straßenverkehrsordnung (StVO), sondern das Strafgesetzbuch herangezogen. Dementsprechend muss der Verursacher mit besonders hohen Geldbußen, Punkten im Fahreignungsregister, dem Entzug der Fahrerlaubnis und unter Umständen sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.
Verwerflichkeit des Verhaltens
Um strafrechtlich relevant zu sein, muss die Nötigung allerdings der sogenannten Verwerflichkeitsprüfung unterzogen werden. Das bedeutet, dass der Fahrer zusätzlich zum Verstoß gegen die Rechtsordnung durch ein sozialwidriges Verhalten aufgefallen ist. Anhand dieser Kriterien muss ein Richter entscheiden, ob zum Beispiel nur ein einfacher Abstandsverstoß vorliegt oder eben doch ein Drängeln im Sinne der Nötigung.
Wie kann man eine Nötigung beweisen?
Für die Verfolgungsbehörden gestaltet sich der Nachweis einer Nötigung allerdings gar nicht so einfach, da der Vorgang zweifelsfrei bewiesen werden muss. Im besten Fall kann der Geschädigte auf Zeugenaussagen vom Tatort setzen. Auch Foto- und Videoaufnahmen des Betroffenen können hilfreich sein, wobei er damit im Zweifel gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt und sich selbst angreifbar macht.
Nötigungskriterien laut Bundesverfassungsgericht
Auch das Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) hat sich mit dem Straftatbestand der Nötigung auseinandergesetzt: „Dichtes, bedrängendes Auffahren auf den Vordermann kann – insbesondere bei gleichzeitigem Betätigen von Lichthupe und Hupe – den Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 Strafgesetzbuch erfüllen und zwar auch dann, wenn es im innerörtlichen Verkehr stattfindet. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls.“ (29. März 2007 – 2 BvR 932/06)
Für die Bewertung des Verstoßes spielt laut Urteilsbegründung der Richter zudem dessen Dauer und Intensität eine wichtige Rolle. Auch die Geschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge, die allgemeine Verkehrssituation und die psychischen und physischen Auswirkungen auf den Geschädigten müssen in die Gesamtbeurteilung einfließen.